Neuseeland
Neuseeland ist ein Land, das mit seiner unberührten Natur begeistert. Wir wanderten durch den Mount-Cook-Nationalpark, wo türkisfarbene Gletscherseen und gewaltige Gipfel eine Kulisse wie aus einer anderen Welt boten. In Rotorua begegneten wir der reichen Kultur der Māori und wurden von ihrem kraftvollen Haka empfangen. Gleichzeitig staunten wir über die dampfenden Geysire und das schwefelige Schauspiel der Thermalquellen. Dieses Land, so weit und ursprünglich, ließ uns nicht nur die Landschaft, sondern auch die tiefe Verbindung seiner Menschen zur Natur spüren. Dennoch waren wir nach drei Monaten Reisen an einem Punkt angelangt, an dem wir nicht mehr alles so aufnehmen konnten, wie es andere Reisende vielleicht tun würden. Versteht uns nicht falsch – es war wirklich wunderschön. Wir hatten einfach in relativ kurzer Zeit unglaublich viele beeindruckende Landschaften erlebt und freuen uns jetzt darauf, bald irgendwo anzukommen und wieder ein wenig zu arbeiten, um die Schönheit der Welt danach wieder neu und bewusster wahrnehmen zu können.

North Island
Unsere Neuseelandreise begann also mit etwas Verzögerung. Der „Pensionistencamper“ wartete schon auf uns, und wir waren uns nicht sicher, ob wir hier die richtige Entscheidung getroffen hatten. Der Name klingt genau nach dem, was es ist: ein für junge Leute eher altmodisches Gefährt. Aber er war riesig. Er war so viel größer als unser kleiner Bus. Der Platz war überwältigend – wir konnten uns aufrecht bewegen und alles erledigen, ohne uns bücken zu müssen. Es fühlte sich fast wie eine kleine Wohnung auf Rädern an, und zugegeben, es war ein bisschen zu luxuriös für unsere einfachen Bedürfnisse. Als wir das erste Mal einstiegen, fühlten wir uns plötzlich 50 Jahre älter. Aber es hatte auch deutliche Vorteile: eine warme Dusche, ein Herd, ein Backofen – und wir haben tatsächlich Kekse gebacken, um zumindest ein bisschen in Weihnachtsstimmung zu kommen. Es war etwas skurril, aber es passte zu diesem Roadtrip. Neuseeland ist ein Paradies für Camper. Unser „self-contained“-Camper ermöglichte es uns, überall zu übernachten – mitten in der Natur, am Strand, in Parks, auf Wiesen. Es gab so viele kostenlose Stellplätze, und auch die Ver- und Entsorgungsstationen waren immer gratis. Grundsätzlich bräuchte man Strom, aber nachdem wir so viel Luxus nicht gewohnt waren, lebten wir relativ sparsam. Wir mussten nur ein einziges Mal auf einem offiziellen Campingplatz anhalten, um die Batterie aufzuladen, ansonsten nutzten wir die Freedom-Camping-Plätze. Man fühlte sich tatsächlich erwünscht. Natürlich war das auch eine Werbestrategie für verschiedene Restaurants, Cafés, Parks usw., da sie mit kostenlosen Stellflächen auch zahlende Kundschaft anlocken. Und es sind viele, ganz, ganz viele Menschen, die mit Campern unterwegs sind, auf der Suche nach diesen Stellplätzen. Unsere Reise führte uns jedenfalls von Auckland in den Norden nach Kerikeri, einer kleinen, ruhigen Stadt, die mit ihren Obstplantagen und dem historischen Stone Store bekannt ist. Das Besondere: Hier lebt ein Teil von Chris' Familie. Wir verbrachten dort eine wunderschöne Zeit und erfuhren ganz viel über Neuseeland und seine schönsten Plätze. Wir staunten über die gewaltigen, jahrhundertealten Kauri-Bäume im Puketi Forest und die Küstengegenden wie Coopers Beach. Eigentlich war unser Plan, bis ganz rauf zum Cape Reinga zu fahren, aber nachdem wir für eine auf Maps angezeigte Strecke von zwei Stunden schon zu Beginn deutlich länger brauchten, machten wir auf halber Strecke kehrt. Die Straßenverhältnisse da oben sind relativ bescheiden für einen Camper dieser Größe, und auch der Linksverkehr forderte uns zu Beginn ein bisschen heraus. Die verlorenen Tage, die wir noch länger in Hawaii verbrachten, fehlen uns in der Planung jetzt natürlich. Also ging es wieder weiter südlich nach Rotorua, das wir schon von weitem rochen: Schwefel. Der Ort ist bekannt für seine geothermalen Aktivitäten und die vielen Geysire – ein bisschen wie im Yellowstone. Wir entschieden uns für einen Abstecher ins Te-Puia-Kulturzentrum, wo wir mehr über die Māori-Traditionen lernten. Wir wurden mit einem Haka begrüßt. Das schaut im ersten Moment vielleicht ein bisschen bedrohlich aus, aber wir merkten schnell, dass sie es gut mit uns meinten. Natürlich war das eine Aufführung, die auf Touristen ausgelegt ist, aber auch sie betonen, welche große Bedeutung der Tourismus und die damit einhergehende Aufklärung für sie und das Weiterleben ihrer Kultur hat. Die Māori-Kultur ist die indigene Kultur Neuseelands oder besser gesagt von Aotearoa, wie das Land für die Māori heißt. Historisch waren die Māori eine stammesbasierte Gesellschaft, die in enger Verbindung mit der Natur lebte. Heute stehen sie jedoch vor Herausforderungen, weil ihre Rechte und kulturellen Ansprüche nicht immer korrekt oder fair berücksichtigt wurden. Ungenauigkeiten in den Übersetzungen der Verfassung haben langanhaltende Auswirkungen auf die Māori, sowohl in rechtlicher als auch in sozialer Hinsicht, und erschweren den Kampf um ihre Landrechte, Autonomie und die Wahrung ihrer Kultur. Eine schwierige Situation für beide Seiten. Im Kulturzentrum gab es auch ein Reservat für Kiwis. Für die, die sie nicht kennen: Kiwis sind mittelgroße, dunkelbraune, flugunfähige Vögel, bekannt für ihre besondere Erscheinung mit flaumigem Fell und langen Schnäbeln. Der Kiwi ist auch das Nationaltier Neuseelands und symbolisiert die Identität des Landes, wobei „Kiwi“ oft auch als Spitzname für die Einwohner Neuseelands verwendet wird. Sie waren nahezu ausgestorben, aber das Land setzt viele Maßnahmen um, damit sie sich erholen können. Kiwis sind nachtaktiv und unglaublich empfindlich, weshalb es im Reservat streng dunkel sein musste – keine Fotos also. Aber immerhin war es das einzige Mal, dass wir eines der seltenen Tiere erblicken konnten. Der nächste Stopp war Hobbiton, der Filmdrehort aus „Der Herr der Ringe“. Die bunten Hobbit-Häuser, eingebettet in die sanften Hügel der Landschaft, ließen uns in eine andere Welt eintauchen. Besonders Chris war begeistert, wie lebendig die Kulisse wirkte. Wir fanden es faszinierend, wie detailreich und liebevoll alles gestaltet war. In Neuseeland waren wir nach drei Monaten eigentlich zum ersten Mal wieder mit schlechtem Wetter konfrontiert. „Schlecht“ ist natürlich relativ, aber für das Wandern in herausfordernden Gebirgen oder für die Aussicht auf schöne Panoramen mit unserer Ausrüstung eher ungeeignet. Dementsprechend mussten wir aufgrund des anhaltenden stürmischen Regens einige Stopps auslassen, wie zum Beispiel den Schicksalsberg mit dem Tongariro Alpine Crossing. Die Fahrt führte uns weiter in den Egmont-Nationalpark, wo wir im Regenwald mitten im Grünen einen Freedom-Camping-Platz fanden. Der Regen trommelte sanft auf das Blätterdach, und wir genossen die Ruhe und die frische Luft. Es war ein perfekter Ort, um eine Pause einzulegen und sich von der Natur umhüllen zu lassen. Der Weg ging weiter entlang der Ostküste, und wir hielten bei einem witzigen Ort – dem Taumatawhakatangihangakoauauotamateapokaiwhenuakitanatahu. Der längste Ortsname der Welt. Wir haben uns herausgefordert, wer den Namen schneller aussprechen konnte. Nach ein bisschen Übung ging’s in ungefähr 25 Sekunden, man gewöhnt sich an die Struktur der Māori-Sprache. Übersetzt erzählt es die Geschichte von Tamatea und bedeutet grob: „Der Hügel, an dem Tamatea – der Mann mit den großen Knien, der die Erde zum Tanzen brachte, die Berge überquerte, sich mit einem Freund in der Musikkunst maß und ein Mann großer Taten war – verweilte.“ Wellington, die Hauptstadt, empfing uns mit Wind und Leben – und Wind. Wir verbrachten nicht viel Zeit hier, bevor wir die Fähre nach Picton auf der Südinsel nahmen, aber wir staunten nicht schlecht, als wir hier eine echte Moai-Statue von den Osterinseln entdeckten. Sie wurde 2004 von der Osterinsel als Geschenk überreicht, um die Freundschaft zwischen den beiden Ländern zu symbolisieren. Sie repräsentiert das kulturelle Erbe der Osterinsel und ihre spirituelle Verbindung zu den polynesischen Traditionen.




South Island
Einmal auf der Südinsel angekommen, merkten wir, dass sie wieder ein bisschen anders war: noch weniger bewohnt, noch weitläufiger, mit noch unberührterer Natur und noch mehr Schafen. In Kaikōura machten wir eine Whale-Watching-Tour. Der Natur- und Artenschutz wird in Neuseeland deutlich besser umgesetzt, zumindest wird es uns so vermittelt, weshalb wir darauf vertrauten, dass sie hier tatsächlich versuchen, keine Hetzjagd auf die Wale zu machen, wie es in anderen Ländern oft der Fall ist. Die Guides erzählten uns, dass sie gesetzlich sehr strenge Auflagen haben und einen vergleichsweise sehr großen Abstand halten müssen. Pottwale leben hier das ganze Jahr über, die Chancen standen also relativ hoch, welche zu sehen. Und tatsächlich bekamen wir sie zu Gesicht. Besonders attraktiv sind sie nicht, wie wir finden, aber trotzdem war es ein cooler Moment, als die Wale wieder unter Wasser verschwanden und ordentlich mit der Flosse ausholten. Schön war auch der Lake Tekapo. Die Lupinen, die die Wiesen rund um den See in leuchtenden Farben bedeckten, faszinierten besonders Kathi. Der türkisfarbene See, umrahmt von den bunten Blüten, wirkte fast unwirklich schön. Es war der perfekte Ort, um durchzuatmen und den Ausblick zu genießen. Scheinbar bewirkt die „Milch“ der umliegenden Gletscher diese nahezu unnatürlich wirkende Farbe. Der Aoraki/Mount Cook war ein weiteres beeindruckendes Naturwunder. Wir wanderten durch die Weite der Gletscherlandschaft und staunten über die gewaltige Präsenz des höchsten Berges Neuseelands. Die Te-Anau-Caves sind berühmt für ihre leuchtenden Glühwürmchen, die die Höhlenwände in ein magisches Licht tauchen. Diese Glühwürmchen, die zu einer speziellen Art gehören, erzeugen ihr sanftes, bläuliches Leuchten, um ihre Beute anzulocken. In völliger Dunkelheit konnten wir nach einer Wanderung in ziemlich engen Höhlengängen in einem kleinen Boot die von der Decke hängenden Glowworms erleben, bei denen der glitzernde Glühwürmchenhimmel die Höhlen zum Leben erweckt, fast wie ein Sternenhimmel mitten am Tag. Unser letzter wirklicher Stopp führte uns nach Dunedin, einer Stadt mit einem Hauch schottischen Flairs. Die Küste hier war beeindruckend, besonders die Seelöwen, die sich in der Sonne räkeln und die Gegend wie die wahren Herrscher des Ortes dominierten. Wir beobachteten eine romantische Liebesgeschichte zwischen zwei Seelöwen, die sich schließlich in die Wellen schmissen. Sehr cool, das in freier Wildbahn zu erleben. Hier leben entlang der Strecke auch ganz viele Pinguine, unter anderem die kleinsten Pinguine der Welt. Leider waren wir zur Abenddämmerung, wenn die Pinguine von ihren Tagesausflügen im Meer an Land kommen, nie am richtigen Ort, um sie zu sehen. Schade. Am Ende unserer Reise, als wir nach Christchurch zurückkehrten, wurde uns wieder bewusst, wie weit und unberührt dieses Land noch immer ist. Grundsätzlich ähnelt die Landschaft sehr der in Österreich, mit dem Unterschied, dass Schafe und Kühe, die die Landschaft dominierten, weite Felder, dazwischen immer wieder Palmen – die für unsere Augen gar nicht dahin zu passen schienen –, kaum Straßen, viel geringere Bevölkerungszahlen und ganz, ganz wenig Bodenversiegelung auf die Größe des Landes verteilten.



