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Indonesien

Java und Bali sind zwei der bekanntesten Inseln Indonesiens, die kulturell und geografisch faszinierende Kontraste bieten. Java, die bevölkerungsreichste Insel der Welt, ist das wirtschaftliche und politische Zentrum Indonesiens, geprägt von einer langen Geschichte, die sich in prächtigen Hindu-Buddhistischen Tempeln und kolonialer Architektur widerspiegelt. Die vorherrschende Religion auf Java ist der Islam, der das Alltagsleben und die Kultur stark prägt. Wir durften herzliche Begegnungen mit den Menschen erleben und reisten durch Reisfelder, Wasserfälle und beeindruckende Vulkanlandschaften. Bali hingegen ist eine Insel, die vor allem für ihre einzigartige hinduistische Kultur bekannt ist – anders als der Großteil Indonesiens. Die kleine Insel erfreut sich nicht umsonst weltweiter Beliebtheit, mit ihren farbenfrohen Zeremonien, Reisterrassen und traumhaften Stränden, die eine ganz eigene Atmosphäre schaffen.

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Jakarta

Zu Beginn geht es für uns auf die Insel Java, genauer gesagt mitten in die Hauptstadt. Kurz dachten wir uns: Wo sind wir hier gelandet? Vielleicht bleiben wir doch keinen ganzen Monat in Indonesien... Die Millionenmetropole wirkt auf den ersten Blick wie ein endloses Gewirr – Hektik, überfüllte Straßen, hupende Mopeds, Gehsteige voll von Menschen, die ihr Glück versuchen, irgendetwas zu verkaufen. Orientierung war anfangs kaum möglich, wir waren absolut überfordert. Und doch: Zwischen all dem Chaos blitzt das Leben auf – Street Food aus „alten Popcornwägen“, spontane Gespräche mit neugierigen Einheimischen, ein Lächeln mitten im Verkehrsstau. Ob wir uns an das Gewusel noch gewöhnen können? Kurz gesagt: Ja, können wir – und es dauert gar nicht lang.

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Yogyakarta

Nach der vollen Stadt tat der ruhige Zug nach Yogyakarta gut. Wir fahren wieder in der 3. Klasse, merken davon aber kaum etwas – keine Hühner oder Ziegen mittendrin, alles einwandfrei. Die Landschaft veränderte sich, und wir wussten jetzt definitiv, wo all der Reis herkommt. „Jogja“, wie die Stadt liebevoll genannt wird, war im ersten Moment noch überwältigend, aber ab jetzt hatten wir einen Local Guide am anderen Ende des Telefons, durch den vieles einfacher wurde. Wir waren also wieder bereit für unser nächstes Couchsurfing-Abenteuer, und diesmal mussten wir einiges an Komfort zurücklassen, um uns in einem traditionellen indonesischen Haus wohlzufühlen. Saturdi zögerte keine Sekunde, uns großzügig sein Zuhause zu öffnen – vom ersten Moment an fühlten wir uns absolut willkommen. Dank ihm bekamen wir die Möglichkeit, das echte indonesische Leben kennenzulernen – mit so vielen lokalen Einblicken, die wir ohne ihn niemals erlebt hätten. Wir blieben sogar länger als geplant. Er nutzte all seine freien Tage, um uns die Umgebung mit Moped oder Fahrrad zu zeigen. Wir waren in der Gegend definitiv die einzigen westlichen Ausländer und zogen somit fast schon unangenehme, aber immer überaus herzliche Aufmerksamkeit auf uns. Busfahrten waren nie langweilig, weil wir immer angesprochen wurden. Egal, wo wir hinkamen, irgendjemand wollte ein Foto mit uns machen. Ganz zufällig (deshalb unser sehr unfestliches gammeliges Outfit) kamen wir an einer Volksschule im Dorf vorbei und wollten nur kurz aus der Ferne die traditionellen Tänze anschauen. Wurden aber entdeckt und gleich zum Mitfeiern eingeladen, und wie könnte es anders sein – wurden wir von allen wieder als Fotomotiv benutzt. Unsere spitzen Nasen und blau-grünen Augen wurden von den Kindern genauestens begutachtet, gepaart mit der Frage „How does snow feel like?“ Aus dem Stegreif gar nicht so einfach zu beantworten. Besonders spannend waren für uns auch die Einkäufe auf dem lokalen Markt. Hier bekommt man nochmal so viel vom echten Leben mit. Hygienebedenken mussten wir im Hinblick aufs Essen und Trinken aus Respekt hinten anstellen. Normalerweise aßen wir mit Saturdi auswärts, am Ende gab es für uns aber noch einen traditionellen Kochkurs, der nicht nur kulinarisch, sondern auch kulturell super spannend war. Wir machten einfach alles so, wie es uns gezeigt wurde, und unser Magen hat glücklicherweise alles gut vertragen. All die Erlebnisse machten den „fehlenden Komfort“ wieder wett, und dann war es eigentlich ganz einfach, obwohl die Duschsituation zu Beginn tatsächlich Überwindung kostete. Das Wasser kommt direkt aus dem Brunnen und wird in ein Wasserbecken geleitet, aus dem man dann mit einem kleinen Kübel Wasser schöpft und sich damit angenehm kalt übergießt. Nach ein paar Tagen gewöhnt man sich auch daran, aber die Haare schauen dann dementsprechend aus. Bei Saturdi und seiner Familie überlegten wir oft, ob es wirklich fair ist, kostenlos zu übernachten, ob wir nicht mehr nehmen als geben können. Morgens bekamen wir von seiner Mama immer Tee und manchmal ein kleines, einfaches Frühstück angeboten. Dementsprechend war für uns schnell klar, dass wir alle Kosten für Essen und Erkundungen oder Wocheneinkäufe übernehmen, um zumindest einen kleinen Teil zurückgeben zu können. Nein, nichts davon wurde von uns erwartet, im Gegenteil. Aber wenn man bedenkt, dass ein üppiges Abendessen für drei im Café nebenan umgerechnet nicht mal 4 € kostet, stürzten wir uns auch selbst damit nicht in die Armut. Wir versuchten beim Thema günstige Nahrungsmittel besonders sensibel umzugehen, um nicht zu vermitteln, dass für uns alles gut leistbar ist – für die Menschen hier ist es das nämlich nicht. Nochmal kurz zurück zum Anfang: Java ist heute mehrheitlich muslimisch, aber gerade in Yogyakarta stehen die größten buddhistischen und hinduistischen Tempelanlagen Indonesiens. Besonders beeindruckend war für uns der Besuch des Borobudur. Der größte buddhistische Tempel der Welt liegt etwa eine Stunde außerhalb der Stadt. Er wurde im 8. bis 9. Jahrhundert unter der Sailendra-Dynastie gebaut, besteht aus über zwei Millionen Steinblöcken und ist wie ein riesiges Mandala aufgebaut – neun Ebenen, ein monumentales Mandala. Die Struktur besteht aus neun Terrassen, die symbolisch den Weg zur Erleuchtung darstellen: von der Welt der Begierden (Reliefs zeigen das irdische Leben), über die Welt der Formen (72 glockenförmige Stupas, in denen jeweils eine Buddha-Statue sitzt), bis hin zur Welt des Formlosen (das Erreichen des Nirvana). Mit dem Niedergang des buddhistischen und hinduistischen Einflusses auf Java und dem Aufstieg des Islam im 15. Jahrhundert wurde der Tempel nach und nach verlassen und über Jahrhunderte vergessen – teils durch Vulkanasche und den dichten Dschungel überwuchert. Erst im 19. Jahrhundert wurde er durch die niederländische Kolonialverwaltung wiederentdeckt. Heute steht er unter UNESCO-Schutz und hat im Land seinen Platz wiedererlangt. Auch der Besuch des hinduistischen Tempelkomplexes Prambanan, nach Angkor Wat in Kambodscha der zweitgrößte seiner Art weltweit, war faszinierend. Die spitzen Türme, die detailreichen Reliefs und die ganze Anlage erzählen Geschichten aus dem Ramayana und wurden wie ein riesiges Puzzle nach und nach wieder aufgebaut. Der Tempel wirkt mystisch, auch wenn er heute eher Fotokulisse als religiöser oder spiritueller Ort ist. Obwohl wir doch traditionell gekleidete, betende Menschen antrafen. Jogja ist definitiv ein Ort, an dem man kulturell richtig tief eintauchen kann, wenn man sich darauf einlässt.

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Malang

Als wir in Malang ankamen, war gerade Eid al-Adha, das islamische Opferfest. Ein bedeutendes religiöses Ereignis, das an die Bereitschaft Abrahams erinnert, seinen Sohn zu opfern. In Indonesien bedeutet das: Drei Tage voller Gebete, Tieropfer, Gemeinschaft – und lauter, nahezu ununterbrochener Lautsprecher-Beschallung durch Moscheen.
So sehr wir die Kultur respektieren und versuchen, uns einzufinden – 24 Stunden am Tag in dieser Klangkulisse zu leben, war eine Herausforderung und darüber nachzudenken was da neben uns grade passiert durfte man auch nicht zu lange. Für uns gab es dann einen erfreulicheren Grund zum Feiern: Chrisis 25. Geburtstag! Später machten wir uns auf in die Natur: ein eindrucksvoller Wasserfall nahe Malang, umgeben von dichter Vegetation, und dichtem Nebel. Aber dann ließ sich der Wasserfall doch noch blicken und wir staunten nicht schlecht.

Mount Bromo und Ijen

Der Weg in den Osten Javas führte uns zum berühmten Mount Bromo – ein aktiver Vulkan, der in der Morgendämmerung wie ein rauchender Altar wirkt. Frühmorgens, mit Taschenlampe und dicken Jacken und Regenponchos, standen wir auf dem Aussichtspunkt, während sich die Sonne langsam über das vulkanische Sandmeer schob. Jedenfalls hatten wir noch nie im Leben so viele Jeeps gesehen. Doch der Ijen toppte das Ganze noch einmal: Um Mitternacht begann der Aufstieg zum Krater, diesmal also ohne Jeep, aber die Menschen wollten scheinbar trotzdem keinen Schritt zu viel machen. Auch sehr junge Leute ließen sich von den Einheimischen raufzerren, während sie auf dem Handy währenddessen ihre besten Insta Fotos bearbeiteten. So was niederträchtigendes haben wir selten gesehen. Oben angekommen, gings wieder runter in den rauchenden Krater hinein, wo tief unten blaue Flammen aus dem Boden leuchten – ein einzigartiges Naturphänomen, verursacht durch brennende Schwefelgase. Oben angekommen, blickten wir in einen surrealen, türkisfarbenen Säuresee. Um uns herum arbeiteten Schwefelträger, die unter schwersten Bedingungen Lasten aus dem Krater hievten. Ein anstrengendes, aber zutiefst eindrucksvolles Erlebnis. Hier auf Java hatten wir kein einziges Mal das Gefühl aufgrund unserer "Golden Skin" wie es immer wieder von Bali erzählt wird, in irgendeiner Weise ausgenutzt zu werden. Wir bezahlen, außerhalb der Tempel, überall die gleichen Preise wie die Einheimischen. Und wurden nie dazu angehalten mehr zu kaufen, nur weil wir‘s uns eh leisten können. Mal schauen wie das in Bali dann weitergeht.

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Nord Bali

Von Java aus setzten wir nach Gilimanuk über, ein Ort, an dem Bali noch ganz ursprünglich wirkt. Schon kurz nach der Überfahrt spürten wir deutlich den Wechsel: Bali ist die einzige hinduistisch geprägte Insel in Indonesien und das merkt man sofort, in den Gerüchen, Farben, Ritualen und Gewändern. Von Gilimanuk aus ging es weiter nach Nordbali, genauer gesagt nach Lovina. Die ersten Highlights ließen nicht lange auf sich warten: Es war Vollmond – ein spirituelles Ereignis hier, das viele Balinesen in traditionelle, meist weiße Gewänder hüllt. Auch wenn wir selbst nicht an den Tempelzeremonien teilnehmen konnten, war die Bedeutung und die Atmosphäre spürbar. Lovina ist bekannt für seine Delfine – und wir hatten Glück. Nicht nur sahen wir Dutzende von ihnen in freier Wildbahn, mit unseren Taucherbrillen erlebten wir auch Delfine, die unter uns durchs Wasser schossen, und gleichzeitig leuchtende Plankton, die mit jeder Bewegung ein glitzerndes Nachleuchten unter der Oberfläche erzeugte. Nach diesen Erlebnissen zogen wir für eine Woche in eine kleine Holzhütte in den grünen Hügeln oberhalb von Lovina, mit einer atemberaubenden Aussicht über Dschungel, Meer und Berge. Unser Gastgeber Rena war eine recht spannende Persönlichkeit, aber wir bekamen Einblicke, die uns ohne ihn niemals ermöglicht worden wären. Rena und seine Familie ließen uns an ihrem Alltag teilhaben. Er engagierte sich stark für die Bildung der Kinder im Dorf. Über ein Projekt namens „English Corner“ unterrichteten wir Englisch in acht verschiedenen Schulen – eine Herausforderung, besonders am Anfang, als wir plötzlich vor einer ganzen Klasse standen, ohne jegliche Vorbereitung und Rena meinte, "lasst euch was einfallen". Aber wir ließen uns drauf ein und fanden schnell heraus, wie wir den richtigen Zugang zu den Kindern fanden. Über die Umstände selbst darf man wieder nicht zu lange nachdenken. Was uns besonders berührte: Die Kinder und Eltern sammelten recyclebares Plastik, um sich den Englischunterricht zu „verdienen“. Rena verkaufte es später beim Recyclinghof, und die Einnahmen fließen direkt in Schulmaterialien und eine kleine Aufwandsentschädigung für Englischkurse. Indonesien, vor allem Bali, erstickt im Müll. Wir sahen Menschen, die ihre Müllsäcke über Brücken in Flüsse kippten, ganze Berghänge voller Abfall, Flussufer, an denen kein Grün mehr zu sehen war. Der Müll ist allgegenwärtig. Den Menschen hier ist es oft nicht wichtig, viele müssen immer noch schauen, am Ende des Tages etwas zu essen zu haben. Der Regierung ist es laut Angaben der Menschen, mit denen wir gesprochen haben, egal. Eine Strategie zur Abfallwirtschaft gibt es nicht. Alles, was sich nicht in den Bäumen verfängt, wird aufs Meer hinausgetragen und ist nicht mehr ihr Problem. Einzelne wie Rena versuchen, aus dem Müll Geld zu machen und tragen so einen Mini-Beitrag bei. Wir helfen dabei, dem Plastik in Renas Vorgarten Herr zu werden, er selbst hat nämlich nicht so richtig Bock drauf. Sortiert in die einzelnen Bestandteile und Farben gibt es einen besseren Preis pro Kilo und das bedeutet mehr Geld für die Bildung der Kinder. Wir kassieren dafür von den Nachbarn schräge Blicke. Macht nichts, ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber wir haben es versucht. Neben dem Unterrichten halfen wir bei der Nelkenernte. Sie witzelten, dass so der Nelkenpreis schnell steigen wird, wenn "Weiße" die Arbeit verrichten. Auch das macht uns ein bisschen betroffen in vielerlei Hinsicht. Wir stoßen hier tatsächlich immer wieder auf das Vorurteil, dass uns das Geld nur so zufliegen muss, anders kann es gar nicht sein. Und in gewisser Weise verstehen wir, warum sie das Denken. Wir versuchen, die Barrieren abzubauen, aber vieles ist einfach so anders, dass es gar nicht verstanden wird. Wir fühlen uns damit nicht immer ganz so wohl, versuchen aber, mit unserer Hilfe auch ohne großes Geld einen kleinen Beitrag zu hinterlassen.

Ubud

Nach einigen Wochen im Norden ging es weiter nach Ubud. Die Altstadt war in der Nebensaison angenehm ruhig, und mit dem Moped erkundeten wir Reisterrassen und versteckte Tempel. Mehr müssen wir hier gar nicht erzählen.

Nusa Penida

Der nächste Stopp war Nusa Penida, ein wunderschönes, aber auch raues Stück Bali. Schnorcheln mit Manta-Rochen war wegen des Wetters leider nicht möglich, aber allein der Gedanke, dass diese riesigen Tiere direkt unter uns durchs Wasser glitten, war beeindruckend. Unsere letzte Station auf Bali war Uluwatu, ein Surfer-Hotspot mit spektakulären Klippen und entspannten Vibes. Wir ließen Bali bei Sonnenuntergängen und Wellenrauschen ausklingen. In Indonesien hatten wir eine richtig schöne Zeit und werden es trotz der Schattenseiten tatsächlich ein bisschen vermissen.

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