top of page

Malaysia

Unsere Ankunft in Malaysia verläuft holprig. Schon am Flughafen zieht sich die Einreise endlos hin – Fragen, Blicke, kein Lächeln. Man lässt uns spüren: Willkommen ist man hier gerade nicht. Wegen eines technischen Fehlers wird Kathi bei der Passkontrolle herausgefischt (der Beamte murmelt etwas von Kathrin… Bangladesch, wir wissen bis jetzt nicht was das Problem war, und erfahren es auch nicht bei Nachfrage), ihr bereits gestempeltes Visum wild durchgestrichen und sie kommentarlos in ein Verhörzimmer gebracht. Es wird kaum mit ihr gesprochen – alles wirkt kühl, distanziert. Nachdem der technische Fehler geklärt ist, soll ein neues Visum ausgestellt werden. Doch beim Durchsuchen des Passes stoßen die Beamten auf einen Souvenirstempel – kein offizieller Eintrag, sondern ein Stempel eines Tourismusbüros aus Peru, dort explizit als Pass-Stempel gekennzeichnet. Ein dummer Fehler, den wir damals nicht weiter hinterfragt hatten, weil es alle machten. Vor allem in Asien sorgt so etwas offenbar immer wieder für Probleme. Die Stimmung bleibt misstrauisch. Chris, der auf der anderen Seite der Passkontrolle wartet, wird ebenfalls zurückgerufen. Auch sein Pass wird durchforstet. Schließlich wird der oberste Beamte hinzugezogen, der uns ohne ein Wort zu viel klar macht, dass jetzt er allein entscheidet, ob wir einreisen dürfen. Nach endlosem Warten dürfen wir passieren – begleitet von der unfreundlichen Bemerkung, dass wir mit diesem Pass nie wieder in SEIN Land einreisen dürften und er das auch genau so im Pass vermerken werde. Bei der ersten Taxifahrt geht es direkt weiter: Der Fahrer, der mit einem 7-Sitzer vorfährt, beschwert sich lautstark über unser angeblich zu großes Gepäck. Wir hätten angeblich ein größeres Fahrzeug buchen und mehr bezahlen müssen. Obwohl genügend Platz war, steigen wir lieber nach wenigen Minuten wieder aus. Das nächste Taxi – ein kleinerer Wagen – nimmt uns kommentarlos mit. Alles passt problemlos in den viel kleineren Kofferraum. Kein Wort, keine Diskussion. Wir wissen nicht, ob wir mit diesem Land noch warm werden. Die ersten Tage sind von dieser Zurückhaltung geprägt – und auch von einer Art Distanz, die uns auf Dauer bedrückt. Die Ansichten und Werte sind hier ein bisschen anders. In Gesprächen, beim Bezahlen, beim Fragen nach dem Weg – meist wird nur Chris angeschaut. Fragen werden ihm beantwortet, Kathi wird ignoriert. Das passiert nicht einmal, sondern ständig. Uns ist klar, dass Kultur unterschiedlich ist, dass manches tief verwurzelt ist, manches geschichtlicher oder religiöser Ursache ist – aber trotzdem, es macht was mit einem. Müssen wir so akzeptieren, aber für uns ist sicher, dass wir hier nicht lange bleiben werden.

Malaysien mit Singapur.png

George Town

George Town, eigentlich bekannt für seine bunte Kultur und seine Straßenkunst, erreicht uns anfangs kaum. Es ist laut, heiß und voller Kontraste, doch irgendwie bleiben wir außen vor. Vielleicht, weil wir noch mit unseren Eindrücken ringen, vielleicht auch, weil uns der Funke einfach nicht überspringt. Die Tempel sind schön, keine Frage, die Stadt selbst ist süß – aber hinter den Kulissen fehlt uns einfach etwas.

Anker 1
Anker 2

Cameron Highlands

Auch die Fahrt in die Cameron Highlands bringt kaum Erleichterung. Die Landschaft ist spektakulär – Nebel, Teeplantagen, frische Luft – aber unsere Stimmung bleibt gedämpft. Um den Kopf freizubekommen, unternehmen wir eine Dschungelwanderung. Ein bekannter Trail, empfohlen vom Hostel: drei Stunden durch den Dschungel bis hin zu den Teeplantagen. Anfangs ist der Weg zwar anstrengend und stellenweise anspruchsvoll, aber noch gut machbar. Dann beginnt es leicht zu regnen, nicht stark, aber genug, um den ohnehin steilen Pfad aufzuweichen. Umkehren war keine Option mehr, wir sind schon zu weit gegangen. Also kämpfen wir uns auf der anderen Seite durch, über lehmigen, vom Regen ausgewaschenen und extrem rutschigen Boden. Die Nebelschicht verschluckt die Sicht, alles wirkt endlos und stellenweise vielleicht nicht ganz ungefährlich. Jeder Schritt ist überlegt, langsam und vorsichtig. Keine Sorge: Wir passen gut auf uns auf. Die Erleichterung ist riesig, als wir endlich wieder auf einen befestigten Weg stoßen. Wir brechen den Trail ab und kehren über die Straße zurück. Irgendwie soll’s grad einfach nicht sein. Aber wir bleiben zuversichtlich. Die Cameron Highlands sind berühmt für ihre weitläufigen Teeplantagen – Überbleibsel der britischen Kolonialzeit. Es ist spannend, hier durchzuwandern und den Produktionsprozess zu beobachten. Vieles läuft inzwischen maschinell, mit riesigen Heckenschneidern. Und trotzdem sind nach wie vor viele Arbeiter:innen mit ihren Buckelkörben auf Hängen unterwegs, die steiler kaum sein könnten. Natürlich sehen die Plantagen auf Fotos traumhaft aus – ästhetisch und grün, wie gemalt. Aber die Region steht auch für die Schattenseite des Plantagenanbaus: damals massive, unkontrollierte Rodungen des Regenwaldes – und damit der Verlust wertvoller Lebensräume für viele Arten. Auf der Rückfahrt bezahlt Kathi das Taxi. Der Fahrer dreht sich zu Chris: „Thank you, Sir!“ Wir lieben es … nicht.

Anker 3

Taman Negara Nationalpark

Erst im Taman Negara Nationalpark ändert sich ein bisschen etwas. In der Abgeschiedenheit des Dschungels, im Rapid Boat durch den Fluss, ohne Lärm, ohne ständiges Beobachtetwerden, atmen wir zum ersten Mal auf. Die Luftfeuchtigkeit schafft uns dennoch. Auf der Hinfahrt fuhren wir stundenlang durch monotone Reihen von Ölpalmen – bis zum Horizont nichts als Plantagen. Malaysia deckt etwa ein Drittel des weltweiten Palmölbedarfs und ist nach Indonesien der zweitgrößte Produzent. Der Taman-Negara-Nationalpark zählt zu den ältesten Regenwäldern der Welt und ist ein wichtiger Rückzugsort für bedrohte Tierarten. Auf der letzten Straße zum Taman-Negara-Nationalpark, zählten wir allein in der einen Stunde über 30 Lastwägen, die frisch geschlagene Baumstämme aus dem Dschungel transportierten. Ob es sich dabei um Primärwald handelt oder nicht, können wir nicht beurteilen – verboten wäre es jedenfalls nicht. Während wir Richtung Regenwald fuhren, wurde er rechts und links davon Stück für Stück verladen und abtransportiert. Im Nationalpark soll es noch wilde Tiger, Tapire, Hornvögel und viele andere selten gewordene Tiere geben. Gesehen haben wir davon zwar nichts – außer vielleicht ein paar überdurchschnittlich große Ameisen – aber trotzdem spannend, hier durchzuwandern. Zwischen alten Bäumen, feuchtem Boden und dichtem Grün leben auch die Orang Asli, die indigene Bevölkerung des malaysischen Regenwalds. Glücklicherweise werden wir herzlich empfangen – und nicht mit ihren Giftpfeilen verjagt. Sie sind die Einzigen, die hier dauerhaft als Teil des Ökosystems leben dürfen. Ihr Leben basiert auf altem Wissen und traditionellen Regeln, auch wenn viele inzwischen gelegentlich außerhalb arbeiten, um Geld zu verdienen. Ganz isoliert sind sie längst nicht mehr: Der Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung steht ihnen kostenlos offen. Stirbt ein Mitglied ihrer Gemeinschaft, ziehen sie weiter, bauen ihr Dorf komplett neu auf. Zum Abschied zeigen sie uns, wie sie mit Blasrohren jagen. Wir sind nicht ganz so talentiert dabei, aber zum Glück müssen wir das auch nicht sein.

Anker 4

Kuala Lumpur

Eine Skyline aus glänzenden Fassaden, Dachpools mit Blick auf die ikonischen Petronas Twin Towers. In Kuala Lumpur erleben wir wieder den Kontrast – ultra-moderne Gebäude, Einkaufszentren über zehn Etagen, Moscheen und Tempel Tür an Tür. Spannende Stadtkonzepte. Alles faszinierend, aber auch hier bleibt diese leise Fremdheit. Vielleicht liegt es einfach an uns. Bei einer Führung durch eine Moschee erklärt uns eine nette Dame, warum hier Frauen von männlichen Kellnern, Taxifahrern, Rezeptionisten oder Beamten oft nicht direkt angesprochen oder beachtet werden. Scheinbar aus Respekt gegenüber dem Mann, der mit dieser Frau unterwegs ist. Spricht beispielsweise der Kellner die Frau zuerst an oder generell zu viel mit ihr, müsste der Mann – so die Erklärung – in der Sekunde einen Stich im Herzen fühlen und ganz arg eifersüchtig werden. Dementsprechend wird die Frau ignoriert oder unhöflich behandelt, um nicht den Eindruck zu erwecken, Interesse an ihr zu haben. Das lassen wir hier jetzt einfach so stehen, ohne näher darauf einzugehen. Wir sprachen mit ihr ganz offen, interessiert und respektvoll auch über andere fragwürdige Themen zur Rolle der Frau, und sie erklärte vieles so, dass es für uns nachvollziehbar wurde – auch wenn wir einiges absolut nicht unterstreichen können. Für sie ist alles leicht, sie ist selbstbewusst und stolz, sie hat die Power über sich selbst, sie liebt das Leben, das sie lebt. Den Eindruck haben wir auch bei fast allen anderen Frauen, die wir auf der Straße sehen. Und das ist das einzig wichtige in dem Moment. Malaysia war für uns kein einfaches Reiseland. Es hat uns herausgefordert, auch unangenehm überrascht. Aber genau deshalb war es vielleicht wichtig. In der kurzen Zeit kann man eine Kultur nicht gänzlich verstehen lernen. Nicht jedes Land ist für jeden geeignet. Manche zeigen einem einfach, wie unterschiedlich die Welt ist, und auch sein darf.

Anker 5

Singapur

In Singapur legen wir einen kurzen Zwischenstopp ein. Nicht um viel zu unternehmen, sondern um ein wenig durchzuatmen. Nach den intensiven Eindrücken der letzten Wochen tut es gut, einfach mal zu rasten. Wir verbringen die meiste Zeit in den grünen Oasen der Stadt: zwischen riesigen Bäumen in den Botanic Gardens, im Schatten der Super Trees im „Gardens by the Bay“ oder einfach am Wasser entlang spazierend. Obwohl wir uns nicht weit bewegen, spüren wir, wie vielfältig diese Stadt ist – Viertel wie Little India, Chinatown oder das arabische Viertel liegen dicht beieinander, und doch fühlt sich jedes nach einer eigenen kleinen Welt an. Ein Ort, der auf engem Raum viel vereint – vielleicht auch deshalb so angenehm geordnet wirkt. Viel gesehen haben wir nicht, aber genau das war diesmal auch der Plan. Singapur hätte eigentlich eine eigene Länderspalte verdient, aber da unser Aufenthalt nur kurz war, fassen wir es einfach so zusammen.

©2024 by Kathi & Chrisi

bottom of page